In Vorbereitung einer Sonderpublikation, die anlässlich des 150. Geburtstages von Arnold Schönberg erscheint, wurde das Reinschriftparticell von Schönbergs Piano Concerto op. 42 einer konservatorisch begründeten Restaurierung unterzogen. Verena Graf berichtet.
Im Überlieferungszustand des Particells (1942) war der Blick zunächst auf Schönbergs Umgang mit seinem Manuskript gelenkt: die Verwendung von Selbstklebeband als Hilfsmittel zur Montage von Notenpapier in einem Heft. Über 500 Stück alterungsbedingt verbräunter Klebestreifen bestimmten den optischen Eindruck.
Selbstklebeband war damals in Amerika gerade neu auf den Markt gekommen. Aufgrund seiner Transparenz konnte der Komponist es auf beiden Seiten des Notenblattes verwenden. Er positionierte die Klebestreifen exakt zwischen Schrift und Linien; nie klebte ein Streifen über der Notenschrift, lediglich ein paar Seiten- und Taktzahlen waren überdeckt. Für die korrekturbedingten Einlagen schnitt er Papierstückchen zurecht oder tauschte auch größere Teile aus den Notenpapierseiten aus.
Es galt zwischen dem Erhalt des ursprünglichen – wenn auch 80 Jahre nach Werkentstehung veränderten – Aussehens und den physischen Folgeschäden der Montage abzuwägen. Dazu zählen Verfärbung, Verlust von Transparenz, Erweichen und Ausfließen des Klebefilms sowie Haftungsverlust. Um eine konservatorisch unbedenkliche Langzeitarchivierung zu gewährleisten, mussten die Streifen entfernt werden. Es gibt gegenwärtig kein Produkt mit denselben oder ähnlichen optischen Eigenschaften, das transparente glänzende Klebestreifen ersetzen könnte. Sie durch selbst angefertigte zu ersetzen, scheidet wegen der enormen Menge als Option aus. Folglich zieht dieser Eingriff eine Veränderung der ästhetischen Qualitäten des Objekts nach sich. Auch das Papier selbst unterlag strukturellen Veränderungen: Blattkanten waren gestaucht oder hochgebogen und wiesen teilweise Knicke und Risse auf, scharf geknickte Ecken drohten abzubrechen, Ecken des Heftes waren mürbe und eingerissen.
Die Risse werden mit gekochtem Weizenstärkekleister verklebt. Gewichte (mit Schutzpapier umhüllte Eisenblöcke) beschweren die verklebten Stellen über mehrere Stunden.
Particell, Seite 24, Rissverklebung mit Weizenstärkekleister
Skizze im Vorzustand (links) und nach Rissverklebung (rechts)
Mit Heißluft (Spezialgerät Hot Air Pen) lassen sich alle Klebefilme erweichen und mit einer Pinzette die Zellglas-Träger vom zähen Klebefilm abziehen. Reste des Klebefilms werden mit schnell verdunstendem Benzin (Petroleumbenzin 60–95°) und Watterollern abgenommen. Die rotbraunen Streifen auf der Rückseite sind hartnäckiger und müssen mit Lösemittelbedampfung vorbehandelt werden.
Particell, Seite 24, Lösemittelbedampfung der Klebestreifen auf der Blattrückseite
Bei der Entfernung öliger Komponenten aus dem Papier mit Kompressen aus Meerschaumstaub kommt Benzin zum Einsatz.
Die korrekturbedingten Einlagen werden mit dünnen Japanpapierstückchen und Cellulosegel wieder in die Notenpapierseiten eingeklebt.
Der Zustand des Konvoluts vor der Restaurierung wurde in Form hochaufgelöster Digitalisate festgehalten.