Mann »Schön war es dort!«

Frau »Ihr habt euch also über mich unterhalten?«

Frau »Nun werde ich mir auch die Haare färben«

Frau »Glaubst Du wirklich, du kannst mich erwärmen«

Frau »Aber wirklich: verstündest du mich,...«

Frau »So werde ich dazu singen«

Mann »Liebste, der Gasmann ist draußen!«

Sänger »Sie, gnädige Frau, am Telephon?«

Frau »Soll ich wieder ich sein?«

Frau »Baby, lies, was auf dieser Schachtel steht«

Freundin und Sänger »Oho, oho, oho, was seh’ ich da?«

Frau »Wir vielleicht schon verblaßte«

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AUFFÜHRUNGSDAUER: ca. 53 Min.

LIBRETTO: Max Blonda (Pseudonym für Gertrud Schönberg)

FASSUNGEN: Originalfassung (1929); eigenhändiger Klavierauszug (1929)

VERLAG: Schott

In den späten 1920er Jahren war eine der Reaktionen auf die vieldiskutierte »Krise der Oper« die Adaption aktueller Themen in der sogenannten »Zeitoper«. In der Gegenwart angesiedelt, meist humoristisch angelegt und ausnahmslos die Moden des täglichen Lebens thematisierend, erfreute sich das Genre einer so großen wie kurzen Beliebtheit. Im Herbst 1928 gelangte Arnold Schönberg zur Überzeugung, er könne eine ähnlich erfolgreiche aktuelle Oper wie Ernst Krenek und Kurt Weill schreiben, ohne jedoch die Gattungsusancen zu kopieren, sondern vielmehr zu hinterfragen.

»›Von heute auf morgen‹ will eine heitere und leichte Oper sein: sie zeigt nur, was sich von heute auf morgen abspielt, nicht länger gilt, nicht länger bestehen bleibt. Wäre aber selbst das ›Was‹ der Handlung schwerer wiegend, so soll doch das ›Wie‹ der Darstellung leicht sein: eine alltägliche, fast banale Geschichte; und ihren tieferen Sinn muß nur akzeptieren, wer Lust dazu hat. Gezeigt ist, daß es bedenklich wäre, der Mode zuliebe an den Fundamenten zu rütteln. Gezeigt sind Menschen, die unklug genug sind, die Grundsätze, mit denen die Mode ja nur prahlen will, in Wirklichkeit umzusetzen; Menschen, die ein Eheglück bedrohen, ohne zu ahnen, daß die Mode, die sich ja mit dem äußeren Schein begnügt, vielleicht dieses Eheglück beim nächsten Wandel schon wieder verherrlichen wird. Beachtet man neben diesem auf der Hand liegenden Sinn den Doppelsinn der zahlreichen Wortspiele, so wird man leicht die anderen Gebiete erraten, die gerne mitgedacht sein sollen. Die Einkleidung dieser Gedanken wird folgendermaßen sichtbar gemacht: Das Ehepaar kommt von einer Unterhaltung nach Hause, der Mann schwärmt wieder einmal von einer eleganten, modisch tuenden Frau. Die allzu häusliche Gattin, gereizt und um ihr Glück bedroht fühlend, zeigt ihm: ›jede Frau kann beides‹, indem sie die Kleider einer Tänzerin benutzt, das Gehabe einer ›Frau von Welt‹ annimmt und den Lausejungen vorspielt, die solcher Lebensauffassung entsprechen. So entzückt sie den Gatten, der dieses Spiel ernst nimmt, anfangs, treibt ihn aber schließlich dazu, sie so zu wünschen, ›wie sie früher war‹. Fast ausgesöhnt, haben sie noch eine Prüfung zu bestehen, die Attacken der ›Menschen von heute‹: das ›entzückend lebendige Weib‹ und der ›berühmte Tenor‹, der die Frau zu gewinnen sucht, treten auf und wenden die Verführungskünste moderner Lebensauffassungstiraden an. Vergebens: denn, wie sie, ohne etwas zu erreichen, abziehen müssen, findet selbst der Mann sie ›nicht einmal mehr ganz modern‹.« (Arnold Schönberg: Notizen über »Von heute auf morgen«, April 1930)

»Die wenigsten Menschen machen sich eine Vorstellung davon, wie das in Wirklichkeit aussehen würde, was in Schlagwortform in aller Munde ist. Wieviel Böses bliebe ungeschehen im Leben, in der Politik, in der Kunst, in allen privaten Dingen, besäße jeder eine Vorstellung von der Wirkung, vermöchte der Politiker zum Beispiel sich die vorstellen, die er zu erschlagen empfiehlt, sähe der Chef die Wirkung einer Entlassung, der Angestellte die Folgen einer Unterlassung. Wie harmlos im Verhältnis die Schlagworte der Mode sein mögen, wie unwichtig es ist, sich vorzustellen, wie man in einer breiten oder schmalen Krawatte, engen oder weiten Hose, langem oder kurzem Haar oder Kleid aussieht – denn man ist ja durch die Mode gedeckt, und die nächste bringt wieder etwas anderes –, so bedenklich wird es, wenn modische Schlagworte an den Fundamenten privaten Lebens rühren: am Verhältnis der Geschlechter, dann der Ehe: Denn die nächste Mode bringt wieder anderes.« (Arnold Schönberg: Einführung zur Übertragung der Oper »Von heute auf morgen« in der Funkstunde Berlin, 1930)

»Der Ton des Ganzen soll eigentlich immer recht leicht sein. Aber man wird es fühlen dürfen, oder ahnen sollen, dass hinter der Einfachheit dieser Vorgänge sich einiges versteckt: daß an der Hand alltäglicher Figuren und Vorgänge gezeigt werden will, wie über diese einfache Ehegeschichte hinaus, das bloß Moderne, das Modische nur ›von heute auf morgen‹ lebt, von einer unsicheren Hand in einen gefrässigen Mund, in der Ehe, wie nicht minder in der Kunst, in der Politik und in den Anschauungen vom Leben.« (Arnold Schönberg an Wilhelm Steinberg, 4. Oktober 1929)

Schönbergs Kritik der Gattung Zeitoper manifestiert sich in erster Linie in der Anwendung seiner nun ausgereiften Zwölftonmethode unter Einbeziehung der am häufigsten verwendeten musikalischen Stilelemente des Genres: Imitation amerikanischer Tanzmusik und Jazz. Schönberg war offensichtlich davon überzeugt, daß die nunmehr ausgefeilte Zwölftonmethode flexibel genug sei, um in einer aktuellen komischen Oper Anwendung finden zu können.

»Der Hauptvorteil der Methode mit zwölf Tönen zu komponieren ist ihre vereinheitlichende Wirkung. In sehr überzeugender Weise erlebte ich diese Befriedigung, hiermit recht gehabt zu haben, als ich einmal mit Sängern meine Oper ›Von heute auf morgen‹ einstudierte. Die Technik, der Rhythmus und die Intonation all dieser Partien war ungeheuer schwierig für sie, obwohl sie alle absolutes Gehör hatten. Aber plötzlich kam einer der Sänger und sagte mir, für ihn sei, seit er mit der Grundreihe vertraut worden sei, alles viel einfacher. In kurzen Abständen erzählten mir alle anderen Sänger unabhängig voneinander das gleiche. Ich freute mich sehr darüber, und als ich es überdachte, fand ich noch größere Ermutigung in der folgenden Hypothese: Vor Richard Wagner bestanden die Opern fast ausschließlich aus selbständigen Stücken, deren gegenseitige Beziehung keine musikalische zu sein schien. Ich persönlich weigere mich zu glauben, daß in den großen Meisterwerken die Stücke lediglich durch den oberflächlichen Zusammenhang des dramatischen Geschehens verbunden sind. Selbst wenn diese Stücke nur Lückenbüßer aus früheren Werken desselben Komponisten waren, muß irgend etwas des Meisters Sinn für Form und Logik befriedigt haben. Vielleicht vermögen wir es nicht zu entdecken, aber es ist da. In der Musik gibt es keine Form ohne Logik und keine Logik ohne Einheit. Ich glaube, daß Richard Wagner, als er – zum gleichen Zweck wie ich meine Grundreihe – sein Leitmotiv einführte, gesagt haben mag: ›Es werde Einheit‹.« (Arnold Schönberg: Komposition mit zwölf Tönen)

Für Schönberg stellte die Zwölftonmethode kompositorisch eine Art Schlüssel zur Zukunft dar, und in »Von heute auf morgen« versuchte er zu beweisen, dass dieser Schlüssel keinen Widerspruch zu populärem Erfolg darstellen musste. Die Aufführungen an der Frankfurter Oper und über Rundfunk im Jahr 1930 sollten den Komponisten jedoch enttäuschen. Seine Hoffnungen auf populären Erfolg sollten sich nicht bewahrheiten. Etwa zwei Monate nach der Uraufführung verfasste Schönberg den Essay »Mein Publikum«, in dem er argumentiert, die Sachverständigen – vor allem Dirigenten, Ausführende und andere im Musikleben einflußreiche Personen – seien für den Mangel an Verständnis seiner Musik verantwortlich zu machen.

© Arnold Schönberg Center

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